Böse Zungen würden die erste Halbzeit des Sonntagsspiels in der
Bezirksliga zwischen der HSG Schönbuch 2 und dem TSV Schönaich unter der
Überschrift ,,Not gegen Elend“ zusammenfassen, was dem stets hitzigen
Derby im Anbetracht des Stellenwertes des Spiels aber nicht gerecht
werden würde. Vielmehr zeigten beide Mannschaften in den ersten 30
Minuten, wie groß die jeweiligen Schwächen im Positionsangriff sind und
weshalb man sich bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht die nötige Luft auf
die unteren Ränge hatte verschaffen können. Im Duell gegen den
Tabellen-11. und Vorletzten, stand für den TSV (vor dem Anpfiff 10.)
nicht weniger als die Gesamtbewertung der Hinrunde auf dem Spiel. Klar
war, dass sich die Schönaicher mit einem Sieg sechs Punkte Vorsprung auf
das Tabellenschlusslicht erspielen könnten und den Anschluss an das
Tabellenmittelfeld wiederherstellen. Trotz aller Gründe zur Motivation,
merkte man den Gästen in der ersten Halbzeit jedoch nicht zwingend an,
dass sie um jeden Preis zwei Punkte aus dem Weiler Sportzentrum
entführen wollten. Oft zu zaghaft und zeitweise chaotisch im
Umschaltspiel, gelang es dem TSV in den Anfangsminuten nicht, den
angeknockten Gastgebern das eigene Spiel aufzudrängen. Viele Fehler auf
beiden Seiten führten zu einem unschönen Handballspiel, das von wenig
Risiko auf geprägt war. Beiden Teams war in dieser Phase anzumerken,
dass man eigentlich vor allem darauf bedacht war, Fehler zu vermeiden
und sich dadurch gerade erst in Fehler hineinzwängen ließ. Während sich
in den ersten Minuten keine Mannschaft hatte absetzen können und nach
einer Viertelstunde noch ein ausgeglichenes 6:6 stand, gelang es den
Gastgebern fortan, sich etwas Selbstvertrauen zu erspielen. Die
eigentlich gute Abwehrreihe der Schönaicher war oft hier oft zu
inkonsequent. Daraus folgte, dass sich die Gastgeber bis zur Pause
absetzen konnten und zur Halbzeit verdient mit 14:10 in Führung lagen.
In der Kabine angekommen, war den TSV-Spielern schnell klar, dass sich
etwas ändern musste. So stellte Trainer Karsten Zeuschner zur zweiten
Hälfte um und brachte Samuel Niebusch, der durch seine Wege hinter der
gegnerischen Abwehr für Gefahr sorgen sollte. Gepaart mit den richtigen
Worten für die zweite Hälfte, erhoffte sich der TSV-Coach von nun an,
dass ein Ruck durch seine Mannschaft gehen würde, wonach es dann auch
prompt aussah. Mit einem gänzlich anderen Gesicht startete der TSV in
die zweiten 30 Minuten. Insbesondere Paul Sitter und Samuel Niebusch,
der sein mit Abstand bestes Saisonspiel ablieferte, schossen die
Schönaicher zwischen der 31. und der 39. Minute mit fünf beziehungsweise
drei Treffern zurück ins Spiel und verkürzten auf 18:20 – noch für die
HSG, der aber zunehmend die Puste auszugehen schien. Anstatt jetzt
weiter aufzuholen und das Unentschieden zu erzwingen, gerieten die Gäste
gleich zweimal in kurzer Zeit in Unterzahl, was das Unterfangen nicht
gerade erleichterte. In diesem Spielabschnitt zeigte Torhüter Ralf
Hoffstadt seine ganze Klasse und hielt seinen TSV in Schlagdistanz, was
dem zunehmend aufgeheizten Publikum ein Herzschlagfinale im spannenden
Derby versprechen sollte. Als noch zehn Minuten auf der Uhr standen und
das gefühlte Momentum für den TSV sprach, griff der Coach der Gastgeber
zur Auszeit, die seine Mannschaft für die letzten Minuten auf Linie
bringen sollte. Dies jedoch sollte nicht funktionieren, denn nun stellte
TSV-Rückkehrer Michael Kovacev unter Beweis, dass er der TSV-Offensive
durch sein Tempo im Umschaltspiel und seine Wurfkraft, weitere Optionen
als bislang dagewesen, eröffnen kann. Mit dem 25:25-Ausgleich feuerte er
den Startschuss für die packenden Schlussminuten ab. Im Gegenzug gelang
es den Gastgebern nicht, erneut in Front zu gehen und TSV-Spielmacher
Volkan Atalay warf die Schönaicher mit einem platzierten Schuss ins
linke obere Toreck, erstmals seit der 6. Minute, wieder mit 26:25 in
Führung. Wer nun gedacht hatte, dass das Spiel gedreht und der TSV auf
der Siegerstraße sein sollte, der hatte die Rechnung ohne die
HSG-Spieler gemacht, die Moral zeigten, sich wieder zurück ins Spiel
bissen und dieses erneut drehten. 27:26 für die Gastgeber, noch gut vier
Minuten zu spielen und als wäre dies nicht schon ärgerlich genug,
folgten nun auch noch eine Zeitstrafe gegen TSV-Spieler Julian
Wendlandt, sowie ein berechtigter Siebenmeter. Konsequenz: 28:26, wieder
zwei Tore Rückstand und eine Unterzahl in zwei der drei verbleibenden
Minuten. Während sich an dieser Stelle andere Teams aufgegeben und das
Spiel abgehakt hätten, muss positiv hervorgehoben werden, was nun
folgte. In Unterzahl traf Michael Kovacev doppelt aus dem Rückraum und
läutete beim Stand von 28:28 die Schlussminute ein. Die Unterzahl hatte
der TSV also mit 2:0 positiv gestalten können. Zudem bekamen nun die
Gastgeber eine Zeitstrafe, sodass der TSV nun endgültig obenauf zu sein
schien. Während den Spielern aus dem Schönbuch wieder kein Treffer
gelang, kamen die Gäste nun sogar noch in das Glück des finalen Angriffs
und der, zwei Minuten zuvor, von manchem als utopisch eingestuften
Siegchance. Trainer Zeuschner entschied sich an dieser Stelle gegen eine
Auszeit, um den Spielfluss seines Teams nicht zu stören, was sich in
der Folge als richtige Entscheidung herausstellen sollte. Rechts außen
konnte Michael Entzminger freigespielt werden, der seinen Raum nutzte
und zum 29:28-Endstand abschließen konnte. Der TSV hatte sich in das
Derby hineingerissen und sich den Auswärtssieg erkämpft.
Unter dem Strich steht ein keinesfalls hochklassiges Derby, das von den Emotionen auf den Zuschauerrängen und der schier greifbaren Spannung lebte. In einem Spiel, für das vielleicht ein Unentschieden das gerechte Ergebnis gewesen wäre, erzitterten sich die Schönaicher im Endeffekt die Auswärtspunkte drei und vier in dieser Spielzeit und springen in der Tabelle auf einen versöhnlichen Platz 8, der Anschluss an das gesicherte Tabellenmittelfeld und vorerst Abstand von den Abstiegsplätzen garantiert. In der kommenden Woche steht bereits das erste Rückrundenspiel für den TSV an. Dann reist man nach Sindelfingen, wo direkt das nächste Derby vor der Tür steht, in das man dann als klarer Außenseiter startet. Die Brisanz der Aufgabe gegen die Böblinger/Sindelfinger ist dann nicht im Ansatz geringer, hatte der TSV doch das Hinspiel für sich entscheiden können.
Es spielten: Ralf Hoffstadt, Marius Liegert (beide Tor), Julian Wendlandt (2), Paul Sitter 6), Mark Kniesz (1), Julian Weck, Michael Entzminger (1), Patrick Ernst, Michael Kovacev (4), Pascal Block, Volkan Atalay (8), Christopher Kopp (1), Samuel Niebusch (6)